311. O Gott, der du in liebes-brunst

1 O Gott, der du in liebes-brunst
Ganz gegen uns entbrennest,
Und dich aus unerforschter gunst
Selbst unsern Vater nennest,
Der du im hohen himmel bist,
Und alles siehst, was niedrig ist,
Auch uns selbst hast gelehret,
Wie man recht kräftig beten soll;
Gib, daß der mund dich eisers voll
Von ganzem herzen ehret.

2 Laß deines hohen namens ruhm,
Vor dem sich thronen beugen,
Und dem der engel fürstenthum
Pflegt ehre zu erzeigen,
Vor dem sich luft und erdreich bückt,
Vor dem die höllen selbst erschrickt,
Bey uns Drey-heilig heissen!
Gib reine lehr, und hilf dazu,
Daß wir uns, grosser Gott, wie du,
Der heiligkeit befleissen!

3 Bergönn uns, Herr, dein gnaden-reich
Auch noch in diesem leben,
Bis daß wir dermaleins zugleich
Mit dir in freuden schweben;
Dein werther Geist der wohn uns bey,
Daß unser herz nicht irrdisch sey;
Er schenk uns seine gaben,
Daß wir in dieser pilgrims-zeit
Den vorschmack süsser ewigkeit
Und himmels-sehnsucht haben.

4 Herr, was du wilst und dir gefällt,
Muß auch vollender werden,
Gleichwie in jener himmelswelt,
Also bey uns auf erden.
Hilf, daß wir dir gehorsam seyn
In lieb und leid, in lust und pein.
Laß uns, wenn du betrübest,
Bedenken, daß du, Herr, uns schlägst,
Und es also zu machen pflegst
Mit denen die du liebest.

5 Gib uns heut unser täglich brodt,
Und was den leib ernehret;
Wend ab die schwere krieges-noth,
Die land und leut verheeret,
Daß wir gesund, mit guter ruh,
Das kurze leben bringen zu:
Und segne unsre sachen,
Treib therung ab und pest-gefahr'
Hilf, daß wir dir vertrauen gar,
Und dich nur lassen machen!

6 Daß unsre sündge Adamsart,
Durch schreckliches verbrechen,
Gar oftmals ist dein widerpart,
Wollst du, o Herr, nicht rächen!
Gleichwie auch wir aus herzens-grund
Denselben, die durch that und mund
Uns leid anthun, vergeben.
Herr, gib uns einen sanften geist,
Der auch denselben guts beweis't,
Die uns stehn nach dem leben.

7 Verleib auch einen heldenmuth,
Wenn wir jetzt sollen kämpfen
Mit teufel, welt und unserm blut,
Hilf, daß sie uns nicht dämpfen:
Sey du der rechte mittels-mann,
Und nimm dich unser treulich an;
Lehr unsre arme kriegen,
Daß wir behalten oberhand,
Und, wenn der feind ist übermannt,
Mit grossen freuden siegen.

8 Und weil in diesem jammerthal
Nichts gutes ist zu hoffen,
Weil nichts als elend, müh und quaal
Allhier wird angetroffen!
So steh uns in dem unfall bey,
Und mach uns von demselben frey,
Bis daß die zeit wird kommen,
Da wir zu deiner herrlichkeit
Aus sterblicher beschwerlichkeit
Ganz werden aufgenommen.

9 Denn dein, Herr, ist das reich und thron,
Wir sind dein' untersaffen:
Es muß vor deiner allmachts-kron
All andre macht erblassen:
Ob diese welt gleich wird vergehn,
Bleibt deine kraft doch ewig stehn.
Lob, preis sey deinem namen!
Weil! Jesus selbst so bitten heißt,
Und uns die rechte bei-kunst weis't,
Sind wir erhöret: Amen!

Text Information
First Line: O Gott, der du in liebes-brunst
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Gebet; Prayer
Notes: Mel. Ein Lämmlein gebt und.
Tune Information
(No tune information)



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