58. Du Vater aller Geister

1 Du Vater aller Geister,
du Strahl der Ewigkeit,
du wunderbarer Meister,
du Inbegriff der Zeit,
du hast der Menschen Seelen
in deine Hand geprägt,
wem kaus an Ruhe feylen,
der hie sich schlafen legt.

2 Es ziehn der Sonne Blicke
mit ihrem hellen Strich
sich nach und nach zurücke,
die Luft verfinstert sich,
der dunkle Mond erleuchtet
uns mit erborgtem Schein,
der thau , der alles feuchtet
dringt in die Erden ein.

3 Das Wild in wüsten Wäldern
geht hungrig auf den Raub,
das Vieh in stillen Feldern sucht,
Ruh in Busch und Laub,
der mensch von schweren Lasten
der Arbeit unterdrückt,
begehret auszurasten,
steht schläfrig und gebückt.

4 Der Winde Ungeheuer
stürmt auf die Häuser an,
wo ein verschloßnes Feuer
sich kaum erhalten kan:
wenn sich die Rebel senken,
verliert man alle Spur,
der Regen Ström ertränken
der flachen Wälder Flur.

5 Da fällt wan billig nieder
vor Gottes Majestät,
und übergibt ihm wieder,
was man von ihm empfäht,
die ganze Kraft der Sinnen
senkt sich in den hinein,
durch welchen sie beginnen
und dem sie eigen seyn.

6 Das heist den Tag vollenden,
das heist sich wohl gelegt,
man ruht in dessen Händen,
der alles hebt und trägt,
Der Erden feste zittern;
der Himmel selber kracht,
die Elemente wittern;
und wir sind wohl bewacht.

Text Information
First Line: Du Vater aller Geister
Language: German
Publication Date: 1792
Notes: Mel. Ach Herr mich arm.
Tune Information
(No tune information)



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