Hymnal: Erbauliche Lieder-Sammlung #617 (1826) Lyrics: 1 O ewigkeit, du donnerwort!
O schwerdt, das durch die seele bohrt.
O anfang sonder ende,
O ewigkeit, zeit ohne zeit,
Ich weiß vor grosser traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende;
Mein ganz erschrocknes herz erbebt,
Daß wir die zung am gaumen klebt.
2 Kein unglück ist in aller welt,
Das endlich mit der zeit nicht fällt,
Und ganz wird aufgehoben:
Die ewigkeit hat nur kein ziel,
Sie treibet fort und fort ihr spiel,
Läßt nimmer ab zu toben;
Ja, wie mein Heiland selber spricht:
Es ist aus ihr Erlösung nicht.
3 O ewigkeit, du machst mir bang,
O ewig, ewig ist zu lang,
Hie gilt fürwahr kein scherzen.
Drum wenn ich diese lange nacht,
Zusamt der grossen pein betracht,
Erschreck ich recht von herzen.
Nichts ist zu finden weit und breit.
So schrecklich als die ewigkeit.
4 Was acht ich wasser, feur und schwerdt.
Dis alles ist kaum nennens werth,
Es kan nicht lange dauren,
Was wär es, wenn gleich ein tyrann
Der fünfzig jahr kaum leben kan,
Mich endlich ließ vermauren?
Gefängniß, marter, angst und pein,
Die können ja nicht ewig seyn.
5 Wenn der verdammten grosse quaal
So manches jahr als an der zahl
Hie menschen sich ernähren,
Als manchen stern der himmel hegt,
Als manches laub die erde trägt,
Noch endlich solte währen;
So wäre doch der pein zuletzt
Ihr recht bestimmtes ziel gesetzt.
6 Nun aber wann du die gefahr
Viel hunderttausend tausend jahr
Hast kläglich ausgestanden,
Und von den sünd in solcher frist
Ganz grausamlich gemartert bist,
Ist doch kein schluß vorhanden:
Die zeit, so niemand zählen kan,
Die fänget stets von neuem an.
7 Liegt einer krank und ruhet gleich
Im bette, das von golde reich,
Recht fürstlich ist gezieret,
So hasset er doch solchen pracht,
Auch so, daß er die ganze nacht
Ein kläglichs leben führet.
Er zählet jeden glockenschlag
Und seufzet nach dem lieben tag.
8 Ach! was ist das? der höllen pein
Wird nicht wie leibeskrankheit seyn
Und mit der zeit sich enden,
Es wird sich der verdammten schar
Im feur und schwefel immerdar
Mit zorn und grimm unwenden,
Und dis ihr unbegreiflichs leid
Soll währen bis in ewigkeit.
9 Gott, du bist heilig und gerecht,
Du strafest dem verruchten knecht
In heißsten pfuhl der schmerzen;
Auf sünden dieser lebenszeit
Folgt eine bange ewigkeit;
Ach sünder, nims zu herzen,
Entsetze dich, o menschenkind!
Kurz ist die zeit, der tod geschwind.
10 Ach, fliehe doch des sünden strick,
Sie kan nur einen augenblick,
Und länger nicht ergötzen:
Denn folgt ein lautes klaggeschrey,
Das immer, immer wieder neu
dem sünder bringt entsetzen:
O wehe, wer den fluch sich wählt,
Da er nicht seine tage zählt.
11 So lang ein Gott im himmel lebt,
Und über alle wolken schwebt,
Wird solche marter währen;
Es wird sie plagen kält und hitz,
Angst, hunger, schrecken, feur und blitz,
Und sie doch nicht verzehren.
Dann wird sich enden diese pein,
Wenn Gott nicht mehr wird ewig seyn.
12 Die marter bleibet immerdar,
Als anfangs sie beschaffen war,
Sie kan sich nicht vermindern,
Es ist ein wirken sonder ruh,
Sie nimt an klag und seufzen zu
Bey jenen satans kindern.
O sünder, deine missethat
Empfindet weder trost noch rath.
13 Wach auf, o mensch, von sünden-schlaf,
Ermuntre dich, verlornes schaaf,
Und bessre bald dein leben,
Wach auf, es ist sehr hohe zeit,
Es kommt heran die ewigkeit,
Dir deinen lohn zu geben.
Vielleicht ist heut der letzte tag,
Wer weiß, wie man noch sterben mag.
14 Laß doch die wollust dieser welt,
Pracht, hoffart, reichthum, ehr und geld
Dir länger nicht gebieten,
Schau an die grosse sicherheit,
Die falsche welt und böse zeit,
Zusamt des teufels wüten.
Vor allen dingen hab in acht
Die vorerwähnte lange nacht.
15 O du verfluchtes menschenkind,
Von sünden toll, von herzen blind,
Laß ab die welt zu lieben.
Ach! ach! soll denn der höllen pein,
Da mehr denn tausend henker seyn,
Ohn ende dich betrüben?
Wo lebt ein so beredter mann,
Der dieses werk aussprechen kan?
16 O ewigkeit, du donnerwort,
O schwerdt, das durch die seele bohrt,
O anfang ohne ende,
O ewigkeit, zeit ohne zeit,
Ich weiß vor grosser traurigkeit
Nicht wo ich mich hinwende.
Nim du mich, wenn es dir gefällt,
Herr Jesu, in dein freuden-zeit.
Topics: Vom jüngsten Gericht und der Verdammniß; Last Judgment and Condemnation Languages: German
O ewigkeit, du donnerwort