616. Laßt ab von sünden alle

1 Laßt ab von sünden alle,
Laßt ab und zweifelt nicht,
Daß Christus wird mit schalle
Bald kommen zum gericht,
Sein stuhl ist schon bereitet,
Der Herr kommt offenbar,
Er kommt und wird begleitet
Von einer grossen schaar.

2 Erschrick, o sichre seele,
Dis sit der letzte tag,
Dein leib kommt aus der höhle,
Darin er schlafend lag.
Da must du stehn entkleidet,
Und hören an mit scheu,
Wie Christus selber scheidet
Den wetzen von der spreu.

3 Wohl dir, so du geschmücket
In wahrem glauben bist,
Alsdann wirst du gerücket
Hinauf zu Jesus Christ.
Wer aber nicht von herzen
Den Herrn hier hat geliebt,
Der wird durch tausend schmerzen
In ewigkeit betrübt.

4 Was wird der richter machen?
Er richtet nicht allein;
Es wird zugleich in sachen
Dein wahrer zeuge seyn;
Denn wirst du sehr erschrecken,
Wenn auf dem urtheils plan,
Der richter wird aufdecken,
Was heimlich du gethan.

5 Wie willst du doch bestehen
Vor seinem grossen zorn?
Wenn er dich lässet sehen
Die wunden, schläg und dorn,
Und was er mehr getragen,
O schnöder knecht für dich,
Bald wird dich Christus fragen:
Mensch, warum schlugst du mich?

6 Hab ich nicht gern vergossen
Mein blut für deine schuld?
Ward ich nicht vest geschlossen,
Litt' ich nicht mit geduld
Die nie verdiente strafen,
Und marter tag und nacht,
Bis ich am creutz entschlafen,
Hab alles vollenbracht?

7 Wie hast du nun vergolten
Mir was ich dir gethan?
Oft hast du mich gescholten,
Bist auf der sünden-bahn,
Mit dem verfluchten haufen,
Nur mir zum spott und hohn,
In sicherheit gelaufen;
War das verdienter lohn?

8 Ach Gott! wie wird erschüttern
Alsdenn ein menschen kind,
Dort mußt' Israel zirtern,
Als es den starken wind,
Das donnern und das blitzen,
Samt der posaunen schall
Hört auf des berges spitzen,
Da schrie es überall.

9 Wie wird der sünder schreyen,
Wenn ihn der richter fragt,
Warum er nicht mit treuen
Gethan, was ihm gesagt?
Wie wird er können schauen
Ein solches angesicht,
Das ihm mit angst und grauen
Leib, seel und geist aerbricht?

10 Wer kan den jammer nenne
Den der erdulden muß,
Dem schwefelflammen brennen
Und der entfernt von buß:
Er wird viel tausend sehen
In herrlichkeit und licht,
Bey Gott, dem richter stehen,
Der ihm sein urtheil spricht.

11 Die grossen Gottes männer
Verfluchen den zugleich,
Den frechen friedens-trenner,
Der satans kirch und reich
Gesuchet zu vermehren
Aus böser lust allein,
Und muß nun aller ehren
Dafür entsetzet seyn.

12 O himmel! es erschallet
Der sünder klag-geschrey:
Ihr berg und hügel fallet,
Und schmettert uns entzwey,
Bedeckt uns vor dem pfuhle,
Dieweil zu dieser frist
Das Lamm dort auf dem stuhle
So gar ergrimmet ist.

13 Herr, lehre mich bedenken
Doch diesen jüngsten tag,
Daß ich zu dir mich lenken
Und christlich leben mag.
Und wenn ich denn soll stehen
Vor deinem angesicht,
So laß mich frölich sehen
Dein klares himmels-licht.

Text Information
First Line: Laßt ab von sünden alle
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom jüngsten Gericht und der Verdammniß; Last Judgment and Condemnation
Notes: Mel. O haupt voll blut und.
Tune Information
(No tune information)



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