330. Treuer Gott! ich muß dir klagen

1 Treuer Gott! ich muß dir klagen
Meines herzens jammerstand,
Ob dir wohl sind meine plagen
Besser, als mir selbst, bekant.
Grosse schwachheit ich bey mir
In anfechtung oftmals spür,
Wenn der satan allen glauben
Will aus meinem herzen rauben.

2 Du Gott! dem nichts ist verborgen,
Weißt, daß ich von mir nichts hab,
Nichts von allen meinen sorgen,
Alles ist, Herr! deine gab;
Was ich gutes find an mir,
Das hab ich allein von dir,
Auch den glauben mir und allen
Gibst du, wie dirs mag gefallen.

3 O mein Gott! für den ich trete
Jetzt in meiner grossen noth,
Höre! wie ich sehnlich bete,
Laß mich werden nicht zu spott.
Mach zu nicht des teufels werk,
Meinen schwachen glauben stärk,
Daß ich nimmermehr verzage,
Christum stets im herzen trage.

4 Jesu, du brunn aller gnaden!
Der du niemand von der stößt,
Der mit schwachheit ist beladen,
sondern deine jünger trost.
Solt ihr glaube auch so klein,
Wie ein kleines senfkorn seyn,
Woltst du sie doch würdig schätzen,
Grosse berge zu versetzen.

5 Laß mich vor dir gnade finden,
Der ich bin voll traurigkeit,
Hilf du mir selbst überwinden,
So oft ich muß in den streit.
Meinen glauben täglich mehr,
Deines Geists schwerdt verehr,
Damit ich den feind kan schlagen,
Alle pfeile von mir jagen.

6 Heil'ger Geist ins himmels-throne,
Gleicher Gott von ewigkeit,
Mit dem Vater und dem Sohne,
Der betrübten trost und freud.
Allen glauben den ich find,
Hast du in mir angezündt;
Ueber mir mit gnaden walte,
Ferner deine huld erhalte.

7 Deine Hülfe zu mir sende,
O du edler herzens-gast:
Und das gute werk vollende,
Das du angefangen hast.
Blas das klein fünklein auf,
Bis daß nach vollbrachtem lauf
Allen auserwählten gleiche,
Ich des glaubens ziel erreiche.

8 Gott, gross über alle götter,
Heilige Dreyeinigkeit,
Ausser dir ist kein erretter,
Hilf mir zu derselben seit:
Wenn der feind die pfeil abdrückt,
Meine schwachheit mir aufrückt,
Will mir allen trost verschlingen,
Und mich in verzweiflung bringen.

9 Zieh du mich aus seinem stricken,
Den er mir geleget hat,
Laß ihm fehlen seine tücke,
Drauf er sinnet früh und spat.
Gib mir kraft in allem streit:
Laß mich immer seyn bereit;
Und so öfters ich muß kämpfen,
Hilf mir meine feinde dämpfen.

10 Reiche deinem schwachen kinde,
Das auf matten füssen steht,
Deine gnaden-hand geschwinde,
Bis die angst vorüber geht.
Wie die kinder gängle mich;
Daß der feind nicht rühme sich,
Er hab ein solch herz gefället,
Das auf dich die hoffnung stellet.

11 Du bist meine hülf im leben,
Mein fels, meine zuversicht,
Dem ich leib und seel ergeben,
Gott, mein Gott, verzieh doch nicht,
Eile mir zu stehen bey,
Brich des feindes pfeil entzwey:
Laß ihn selbst zurücke prallen,
Und mit schimpf zur höllen fallen.

12 Ich will alle meine tage
Rühmen deine starke hand,
daß du meine plag und klage
Hast so herrlich abgewandt:
Nicht nur in der sterblichkeit
Soll dein ruhm sein ausgebreit;
Ich wills auch hernach erweisen,
Und dort ewiglich dich preisen.

Text Information
First Line: Treuer Gott! ich muß dir klagen
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom geistlichen Kampf und Sieg; Spiritual Struggle and Victory
Notes: Mel. Zion klagt mit angst und.
Tune Information
(No tune information)



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