109. Nun gibt mein Jesus gute nacht

1 Nun giebt mein Jesus gute nacht,
Nun ist sein leiden vollenbracht,
Nun hat er seiner seelen pfand,
Geliefert in des Vaters hand.

2 Seht, Jesus hänget dort erflaßt!
Ihn würgte meine sünden-last;
O blicke, seele, gläubig auf,
Er endet dir zu gur den lauf.

3 Des tempels vorhang trennet sich,
Das erdreich bebet furchtsamlich,
Erschürtend bebt der berge fuß,
Weil hier ihr schöpfer sterben muß.

4 Gebt, wie der stärkste felsen bricht;
In dunkel hüllet sich das licht;
Den todten öffnet sich die thür,
Und sie gehn aus dem grab herfür.

5 So muß der Herr der Herrlichkeit
Beläutet werden diese zeit,
Als man denselben in der still
Hinab zur ruhstat brigen will.

6 Die weiber stehen zwar von fern,
Und wollen sehn den ausgang gern,
Doch wissen sie nicht wie man wohl
Den leid zur grabe tragen soll.

7 Zuletzt begab sich in gefahr
Josephus, der ein rathsherr war,
Der Christum liebt und wollte nicht,
Daß man ihn brächte vors gericht.

8 Getrost ist ihm sein herz und sinn;
Drum geht er zu Pilato hin;
Begehrt den leichnam Jesu Christ,
Der ihm auch nicht verweigert ist.

9 Bald kommer Nicodemus auch,
Zu salben ihn nach altem brauch,
Er bringt der besten specerey,
Sammt saubern tüchern mancherley.

10 Da Jesus nun ist balsamirt.
Und sien auf todten art geziert,
Da senket man ihn sanft hinab,
Und legt ihn in des Josephs grab.

11 Nun Gottes Sohn, der uns erweckt.
Wird selbst mir einem stein bedeckt;
O denke mensch! hir an dein grab,
Bald senket man dich auch hinab.

12 Was trotzest du doch armer staub?
Der würger machs ihn bald zum raub.
Verlaß die welt eil Jesu zu,
Er schaft dir einmal fanste ruh.

13 Es wird vielleicht nicht balsmirt
Dein leichnam, noch so schön geziert,
Genung wenn er nach müh und last
Im grabe finder ruh und rast.

14 Doch freue dich, buß fertig herz,
Daß dich der sünden bittrer schmerz
Zur freude führt, weil Jesus starb
Und dir den himmel selbst erwarb.

15 Nur er that deine bosheit ab
Und nahm sie gänzlich mit ins grab.
Und als er ward vom tod defreyt,
Da bracht er die grechtigkeit.

16 Sterb ich nun gleich, was ist es mehr?
Steh ich doch auf mit pracht und ehr;
Im grabe bleibt der sündenschlamm
Den ich aus dieser welt mit nahm.

17 Mein Hieland hat in jener nacht
Den sabbath mir zuweg gebracht,
Der bringet mich zur süssen ruh,
Wenn ich die augen schlieffe zu.

18 Hier leb ich aller unruh voll,
Und wann mans dannoch loben soll,
So heißt es gleichwohl, daß hiebey
Nur müh und angst gewesen sey.

19 So bald mein heil mich hier abrust,
Und mich umsebließt die still gruft,
Denn ruh' ich sanft von jammer loß
In unsrer mutter kühlme schooß.

20 Heißt das nicht wohl ein grosser ruhm,
Mein grab wird mir zum heiligthum.
Dann Christus der im grab erwacht,
Hat heilig auch mein grab gemacht.

21 Bald kommt die frohe zeit herbey,
Wann uns der engel feldgeschrey
Erwecket, die wir Jesum sehn,
Und mit ihm zu der hochzeit gehn.

Text Information
First Line: Nun gibt mein Jesus gute nacht
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Von dem Begräbniß Jesu Christ; Burial of Jesus Christ
Notes: Mel. Nun laðt und den leib
Tune Information
(No tune information)



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